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Erneute Enttarnung einer verdeckten Ermittlerin in der linken Szene in Hamburg wirft weitere Fragen auf.

Nachdem letztes Jahr bereits eine verdeckte Ermittlerin der hamburger Polizei im Umfeld der Roten Flora und dem Radiosender Freies Sender Kombinat (FSK) mit der Tarnidentität „Iris Schneider“ aufgeflogen ist, gibt es nun einen neuen Fall unter der Tarnidentität „Maria Block“. Die Polizei bestätigte den Einsatz bereits. Betroffene Aktivisten stellten ein umfangreiches Dossier ins Netz, das die Aktivitäten der Beamtin von 2009 bis 2012 teilweise nachzeichnet. Wenn die dortigen Beschreibungen stimmen, dann wurden auch in diesem Fall, wie schon im Fall „Iris Schneider“, die erlaubten Grenzen eines solchen Polizeieinsatzes weit überschritten.

Diese und weitere bekannt gewordene Fälle, deuten darauf hin, dass Einsätze von solchen Ermittlern offenbar routinemäßig unrechtmäßig vonstattengehen. Wie schon bei Geheimdiensten nutzen wohl auch die Polizeibehörden den Schutz der Nichtöffentlichkeit, um ihre gesetzlichen Befugnisse weit zu überschreiten. Eine wirksame Kontrolle durch die zuständige Dienstaufsicht scheint es nicht zu geben. Der Staat versagt beim Schutz der Grundrechte seiner Bürger. Ein Gegensteuern ist dringend erforderlich.

Systematische Rechtsbrüche in den Polizeibehörden sind keine Lappalie, sondern eine Bedrohung für unser aller Grundrechte und die Freiheit uns auch unbehelligt von staatlicher Repression politisch organisieren und engagieren zu können. In den zuletzt bekannt gewordenen Fällen wurde wohl auch tief in das Privatleben von Aktivisten eingedrungen, bis in intimste Bereiche. Wir fordern an dieser Stelle eine lückenlose Aufklärung des Vorgehens aller verdeckten Ermittler, sowohl den enttarnten, als auch eventuellen nicht-enttarnten. Da es sich hierbei offenkundig nicht um Einzelfälle handelt, muss auch untersucht werden, warum die Kontrolle der Einhaltung der Gesetze durch die Polizeibehörden nicht zu funktionieren scheint. Eine wirksame Untersuchung muss durch unabhängige Stellen erfolgen.

Die Ausführungen in der Enttarnung der verdeckten Ermittlerin werfen auch konkrete Fragen bezüglich des Polizeieinsatzes am 02.06.2012 auf. An diesem Tag sollte ein Naziaufmarsch als „Tag der deutschen Zukunft“ in Wandsbek stattfinden, der von Gegendemonstranten teilweise verhindert wurde. Bei diesem Einsatz kam es zu sehr fragwürdigen Entscheidungen der Polizei, wie die die Demonstration in einen völlig unvorbereiteten, angrenzenden Stadtteil umzuleiten, wo es zu einer deutlichen Eskalation kam. Eine Transparenzgesetz-Anfrage nach der polizeilichen Lagebeurteilung wurde von der Polizei abgelehnt mit der Begründung, dass „die Freigabe der Informationen die Aufgaben der Polizei durch Rückschlüsse auf deren Arbeitsweise nicht unerheblich erschweren würde“.

Die jüngsten Erkenntnisse werfen hier ein neues Licht auf die Ereignisse, da die verdeckte Ermittlerin offenbar direkt an der Planung und Koordination der Gegendemonstration beteiligt war. Die Polizei hielt ihre Lagebeurteilung also womöglich aus dem Grund geheim, um ihre eigene verdeckte Ermittlerin zu schützen. Damit konnte bis heute nicht geklärt werden, wie es zur fatalen Fehlentscheidung der Umleitung der Nazidemonstration kommen konnte, durch die beträchtliche Sachschäden in angrenzenden Wohngebieten entstanden ist. Auch die Rolle der verdeckten Ermittlerin und die so gewonnenen Informationen müssen hier in die Aufklärung mit einbezogen werden. Dieses Instrument der Informationsgewinnung hat hier offenbar nicht dazu beigetragen den Demonstrationstag kontrolliert und friedlich über die Bühne zu bringen.

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