Am Freitagabend demonstrierten rund 250 Hamburger in Barmbek gemeinsam mit den in Hamburg gestrandeten Kriegsflüchtlingen aus Libyen für sofortige humanitäre Hilfe und ein dauerhaftes Bleiberecht. Während Bürgermeister Scholz im Museum der Arbeit den Wahlkampf von Johannes Kahrs als Direktkandidat für den Bezirk Mitte beim “Talk zur Wahl” unterstützte, versammelten sich die Flüchtlinge und ihre Unterstützer davor und forderten ihn auf runter zu kommen und mit den Flüchtlingen zu sprechen. „Wenn Sie wahre Demokraten sind, dann kommen sie raus und reden mit uns“, sagte Asuquo Udo, einer der Sprecher der Flüchtlinge in seinem Redebeitrag.

Geflohen aus dem Krieg in Libyen lebten die rund 300 Menschen fast zwei Jahre in Flüchtlingslagern in Italien. Anfang des Jahres schickte die italienische Regierung jedoch tausende Flüchtlinge fort, damit sie in anderen EU-Staaten unterkommen. In Hamburg wurden, die rechtlich nun als Touristen geltenden Flüchtlinge zunächst im Winternotprogramm für Obdachlose aufgenommen, das aber Mitte April endete. Seitdem leben die Flüchtlinge mittellos und ohne medizinische Versorgung auf der Straße.

Olaf Scholz traute sich nicht vor der Versammlung zu den Flüchtlingen zu sprechen, immerhin gestattete man einer kleinen Delegation die Wahlkampfveranstaltung der SPD zu besuchen um das Thema zu diskutieren. Aus der Diskussion wurde dann leider nichts, lediglich ein Vertreter durfte sprechen und wurde nach gerade mal drei Minuten bereits unterbrochen, damit der Bürgermeister rund zehn Minuten lang längst bekannte Positionen der Hamburger Regierung wiederholen konnte. “Scholz erklärte jenseits der Fakten, dass die Stadt die Flüchtlinge mit  dem Nötigsten versorgen würde.” erklären die Unterstützer in ihrer Pressemitteilung. Zuvor hatte er zu Beginn seiner Rede an die Lage der Flüchtlinge in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert: „Die Geschichte zeigt uns, wie wichtig es ist, etwas für Flüchtlinge zu tun“, während die Demonstranten forderten “Olaf lass die Heuchelei!”. “Wir haben nicht den NATO-Krieg in Libyen überlebt um auf Hamburgs Straßen zu sterben” hielten sie ihm entgegen.

Auch eine Debatte zum Thema in der Hamburgischen Bürgerschaft in der vergangenen Woche brachte keine Lösung, wie wir bereits berichteten. Aktueller Stand ist immer noch, dass keinerlei humanitäre Hilfe angeboten wird, die Menschen immer noch mittellos auf der Straße leben, keine Unterkunft oder Perspektive angeboten wird und auch der Bezirk Hamburg-Mitte regide gegen die Flüchtlinge vorgeht, der Bezirk Flächen für erste Notunterkünfte in Zelten verweigert und stattdessen der Bezirkliche  Ordnungsdienst (BOD) die Flüchtlinge aus Grünanlagen vertreibt.

Die Fraktion PIRATEN verteilte auf der Kundgebung ein Flugblatt mit dem wir unsere Kritik und Position nochmals deutlich bekannt gaben: “Die PIRATEN-Fraktion unterstützt die Forderungen der Flüchtlinge nach dem Recht auf Wohnung, Arbeit, Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Freizügigkeit. Wir fordern das Bezirksamt auf: Es müssen sofort Unterkünfte bereitgestellt werden und beim Senat für ein Bleiberecht gekämpft werden. Gängelungen durch den bezirklichen Ordnungsdienst müssen sofort aufhören!”

Sollte der Senat nicht umgehend einlenken werden die PIRATEN am Dienstag den 04.06.13 im Hauptausschuss des Bezirks Mitte einen Eilantrag einbringen um den Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) zu beauftragen umgehend Flächen im Bezirk für ein Notlager zur Verfügung zu stellen.

Eine Unterbringung in einer Turnhalle -nach erkennungsdienstlicher Behandlung, zur umgehenden Deportation lehnen wir als Abschiebefalle ab.

“Der Bürgermeister und der Bezirk müssen Verantwortung übernehmen für die Menschen. Diese Menschen sind nun mal, nach großem Leid und Elend durch Krieg und Flucht in Hamburg gestrandet. Für diese Menschen sind wir jetzt verantwortlich – egal ob Italien rechtens gehandelt hat oder nicht. Wir können sie nicht zurückschicken wie eine unerwünschte Warenlieferung. Diese Menschen sind, wie auch immer, nun in einer der reichsten Städte überhaupt gelandet und müssen ohne Unterstützung, ohne Geld, ohne medizinische Versorgung auf der Straße leben. Das ist einfach schändlich. Hilfe unkonkret und ohne Taten folgen zu lassen in den Raum zu stellen, zudem an eine Abschiebung zu knüpfen und dann über unsere besondere Verantwortung gegenüber Flüchtlingen zu schwadronieren ist für mich Heuchelei und eines Hamburger Bürgermeisters, zumal eines sozialdemokratischen, unwürdig!” sagt Andreas Gerhold, Fraktionsvorsitzender der PIRATEN.