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Weihnachten statt Angst: Der Staatstrojaner

Auf eine der jüngsten Aktivitäten der Ermittlungsbehörden auf dem Weg zum Überwachungsstaat hat uns vor gut einem Jahr der ChaosComputerClub (CCC) aufmerksam gemacht: mit Hilfe von heimlich eingeschleusten Computerprogrammen spähen Polizei und Zoll offenbar recht umfangreich die Computer und dort stattfindenden Aktivitäten verdächtiger Nutzer aus und lassen sich dabei auch von einschränkenden Anordnungen von Gerichten nicht bremsen. So hat in Bayern das dortige Landeskriminalamt (LKA) einen Trojaner eingesetzt, der neben der vom Richter angeordneten Überwachung der Telefongespräche über Skype (Quellen-TKÜ) zumindest auch 60.000 Screenshots gefertigt hat, was die vorherige amtsgerichtliche Anordnung ausdrücklich verboten hatte. Später hat auch das Landgericht diese Überwachungsmaßnahme als unzulässig bewertet. Unseren Bundesinnenminister Friedrich veranlasste das nur zu der lapidaren Feststellung, es handele sich dabei ja nur um die Rechtsauffassung des Landgerichts Landshut. Die für ihn maßgebliche Bayerische Staatsregierung hielte diesen Trojaner und auch den weitergehenden Einsatz für rechtmäßig.

Dass man es sich wohl nicht so einfach machen sollte, zeigt die jüngste Äußerung des Generalbundesanwalts Harald Range: Seine Behörde werde den Staatstrojaner nicht einsetzen, weil er keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine sogenannte Quellen-TKÜ sehe. Hierzu beruft er sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur heimlichen Online-Durchsuchung, in der bereits 2008 einem solchen Einsatz sehr enge Grenzen gesetzt wurden. Zu enge Grenzen, wie Herr Range meint. Das ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, als ausschließlich die Bundesanwaltschaft, der er vorsteht, zuständig für die Ermittlungen in Terrorverfahren ist und dafür entsprechend dem Verfassungsgerichtsurteil die Online-Durchsuchung in besonderen Fällen einsetzen kann. Gerade unter Verweis auf die angeblich ständige Gefahr durch vor allem den islamistischen Terror wird aber für solche Ermittlungsmethoden geworben. Entgegen der öffentlichen politischen Meinungsmache kommt dieses Instrument aber überwiegend bei »allgemeiner« Kriminalität zum Einsatz und gerade nicht gegen Terroristen.

»Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu fürchten!« ist das Credo all derer, die für mehr »Sicherheit« sorgen wollen – und dabei schleichend, Stück für Stück, den freiheitlichen Rechtsstaat zum Überwachungsstaat umbauen. Dabei bleibt ein Kernpunkt des demokratischen Rechtsstaats auf der Strecke: die Unschuldsvermutung. Nur wer sich durch vermeintliche Redlichkeit »rechtfertigt«, hat nichts zu fürchten. Das bedeutet gerade nicht, dass er unbehelligt bliebe. Denn der Satz ist nichts anderes als Ausdruck tiefsten Misstrauens des Staates gegen jeden einzelnen Bürger. Nicht zufällig würde er sich ohne weiteres als Untertitel zu George Orwells Klassiker über den perfekten Überwachungsstaat eignen: »1984 – Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu fürchten.«

Es ist daher höchste Zeit, die aufgezeigte Spirale von Angst, Misstrauen und Verdächtigung zu durchbrechen. Angst ist der denkbar schlechteste Ratgeber, weil sie immer irrational ist. Wir haben Angst vor Terroristen und Überfällen, nicht aber vor dem Rauchen und Verkehrsunfällen, den eigentlich tödlichen Gefahren. Wir schaffen von Angst getrieben die Errungenschaft ab, auf die wir völlig zu Recht stolz sein dürfen: den freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat.

»Wer Freiheit abschafft, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!« stellte schon Benjamin Franklin fest.

In diesem Sinne wünscht Ihnen die Piratenpartei Deutschland ein besinnliches, friedliches und angstfreies Weihnachten.

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