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Transparenzgesetz: Eine Initiative verschafft sich Gehör.

Bericht aus dem Justizausschuss von Anne Alter

Am 28. Februar 2012 fand die Anhörung zum Transparenzgesetz im Justizausschuss statt. Die Sitzung war öffentlich, und da man mit regem Interesse bei der Bevölkerung rechnete, wich man vom Rathaus in den großen Saal des nahegelegenen Hotels Sofitel aus; der Beginn war mit 16.45 angegeben. Trotz dieser arbeitnehmerunfreundlichen Zeit waren die Stühle für das Publikum zunächst auch gut gefüllt.


Neben den Mitgliedern des Ausschusses (Vorsitz: Farid Müller/GAL) waren einige Abgeordnete, Vertrauensleute der Initiative, der Hamburger Datenschutzbeauftragte und einige Professoren und Doktoren der Rechtswissenschaften als Experten geladen.

Ziel der Veranstaltung war nicht, einen Beschluss zur Annahme oder Ablehnung des Gesetzesentwurfs zu fassen, sondern Unklarheiten im Gesetzestext zu formulieren, Expertenmeinungen dazu einzuholen und sich die Initiative von den Vertrauensleuten erklären zu lassen. Besondere Kritikpunkte waren die Definition von Begrifflichkeiten und wie diese zu interpretieren seien, vor allem in Bezug auf persönliche Daten oder Firmen- bzw. Geschäftsgeheimnisse. Auch wurde bei einigen Passagen eine exaktere Formulierung angemahnt. In Bezug auf das Urheberrecht bei den Verwendungsmöglichkeiten der zur Verfügung gestellten Daten und Dokumente erkannte man Nachbesserungsbedarf. Viele der kritisierten Punkte sind nachvollziehbar und sinnvoll, dennoch merkte man bei einigen Kommentaren auch, dass mancher Politiker und Experte noch nicht in der Gegenwart angekommen ist, wenn beispielsweise Gutachten zum Thema Lebensmittel, bei denen ein vitales öffentliches Interesse besteht, als geheim und nicht für ein größeres Publikum geeignet bezeichnet wurden. Auch der Hinweis eines Juristen, dass die geltende Regelung, nach der Bürger die (gebührenpflichtige) Herausgabe von Dokumenten beantragen können (mit ungewissem Ergebnis) eigentlich ausreichend sei, wirkt nicht mehr zeitgemäß und führte zu mehreren expliziten Bemerkungen eines anderen Spezialisten, dass Deutschland in Bezug auf Transparenz ausgesprochen rückständig sei und eine Veröffentlichungspflicht auch den Behörden selbst zugute käme, da lange, bürokratisch ausgefeilte und mühsame Dienstwege obsolet würden.

Schon nach relativ kurzer Zeit konnte man anhand der Äußerungen durch die Experten leicht ausmachen, wer dem von der Initative vorgelegten Entwurf für ein Transparenzgesetz positiv gegenüberstand und wer diesen ablehnte. Entsprechend war auch die Kritik zu verorten: Sie reichte von konstruktiven Anmerkungen und konkreten Hinweisen zur Verbesserung (in juristischer Hinsicht) bis zu geradezu grotesken Kommentaren, dass eine weitgehende Veröffentlichung von Dokumenten nicht akzeptabel sei, aber beispielsweise Ehrenbürgerschaften selbstverständlich im Internet publiziert werden könnten (der Professor, der dies äußerte, ist übrigens Mitglied der CDU).

Die Gegner des Transparenzgesetzes legten eine gewisse Kreativiät bei der Argumentation an den Tag, auch wenn man hier teilweise die Pfade der Logik hinter sich ließ. So wurde einerseits geltend gemacht, dass das aktuelle Informationsfreiheitsgesetz von den Bürgern kaum genutzt wird, sodass sich eine Öffentlichmachung im Sinne des Transparenzgesetzes überhaupt nicht lohnte, andererseits beharrte ein anderes Ausschussmitglied auf den zu befürchtenden zusätzlichen Personalkosten aufgrund des zu erwartenden Ansturms, und das obwohl Beispiele aus aller Welt das Gegenteil beweisen. Auch das zu erwartende Investitionsvolumen (Hard- und Software) kam zur Sprache. So war man der Meinung, dass die Initiative eine Einschätzung der Kosten vorzulegen hätte, da sie ja schließlich das Transparenzgesetz haben wollten. Als Michael Hirdes, Vertrauensmann des Chaos Computer Clubs und IT-Experte erwiderte, dass dies nicht möglich sei, da er drei Monate lang vergeblich versucht hatte, den aktuellen Bestand an Hard- und Software bei der Verwaltung zu erfragen und er, ohne die Voraussetzungen zu kennen, keine Schätzung abgeben könnte, war die komische Note beachtlich, wenn auch unfreiwillig.

Man darf auf die Fortsetzung gespannt sein; die Inititiative wird Nachbesserungen vornehmen, wo sie notwendig oder sinnvoll sind, allerdings wird man bei anderen Punkten, die das moderne und sicherlich auch richtungsweisende Gesetz zu bloßer Makulatur verkommen ließen, nicht mit sich reden lassen, auch weisen einige der Anmerkungen eher auf herrschende Missstände in der bestehenden Praxis hin als auf Schwächen der Gesetzesinitiative, z. B.:

  • Die Verwaltung könnte den technischen Anforderungen nicht gewachsen sein -> eine Administrative, die im 21. Jahrhundert nicht imstande ist,
    Dokumente in elektronischer Form verfügbar zu machen, muss sich schnellstes modernisieren, ob mit oder ohne Transparenzgesetz.
  • Einige Firmen könnten davon Abstand nehmen, mit der Stadt Hamburg Verträge zu schließen -> Das mag sein, aber eine seriöse Firma sollte nichts dagegen haben, ihr Geschäftsgebaren öffentlich zu machen (und auf Firmen, die das nicht wollen, kann man getrost verzichten). Außerdem ist Hamburg als Auftraggeber zu groß und zu bedeutend, als dass man es sich leisten könnte, entsprechende Ausschreibungen zu ignorieren.
  • Ein Mitglied des Ausschusses drängte darauf, dass der Gesetzestext so abgefasst werden muss, dass keine Klagen von Vertragspartnern zu erwarten wären -> Wenn dies gelänge, so wäre es eine Sensation, denn nicht mal Heerscharen von Juristen sind imstande, Klagen gegen geltendes Recht zu verhindern, wie die gängige Praxis zu Genüge beweist.

Vertreter und Unterstützer der Initiative können sich nach dieser zähen, fünf Stunden dauernden Anhörung jedoch beruhigt an die Arbeit machen und die erforderlichen Nachbesserungen vornehmen, denn ihr stärkstes Argument befindet sich praktisch in Sichtweite des Rathauses. Es ist ein immer noch unfertiges Mahnmal für Fehlplanung, Verschwendung und Misswirtschaft, bei dem sich der Gedanke an Korruption praktisch aufdrängt, ohne dass er in dieser Deutlichkeit ausgesprochen wird. Es war und ist unser stärkstes Argument für das Transparenzgesetz, quasi ein leuchtendes Beispiel: Die Elbphilharmonie.

Mehr Informationen: Transparenz schafft Vertrauen – Die Initiaive: www.transparenzgesetz.de

1 Kommentar zu “Transparenzgesetz: Eine Initiative verschafft sich Gehör.

  1. Vorstadt Strizzi

    „Es war und ist unser stärkstes Argument für das Transparenzgesetz, quasi ein leuchtendes Beispiel: Die Elbphilharmonie.“

    Voraussetzung für Transparenz ist das Offenlegen von Interessen.

    Ein Prinzip für die Abgrenzung von Interessen ist die Gewaltenteilung.

    In den Parlamenten sitzen um die 30% Beamte. Das ist deshalb undemokratisch und intransparent, da Beamte als Angehörige der Exekutive die Gesetze beschließen, die u.a. für die Exekutive maßgebend sind.

    Deshalb sind Beamte in Parlamenten oder an der Spitze von Parteien ein „leuchtendes Beispiel“ für Intransparenz.

    Deshalb ist die „Piraten“ Partei ein „leuchtendes Beispiel“ für Intransparenz.

    Sie wurden längst gekapert, und haben es nicht einmal gemerkt.

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